Trauer ist so viel mehr als Traurigkeit- Über Verlust und Hingabe
Der Tod ist der natürlichste Teil des Lebens und gleichzeitig der Unbegreiflichste.
Vor zwei Wochen ist meine Oma gestorben. Sie war 91 Jahre alt und es war ein guter Zeitpunkt für sie zu gehen.
Gleichzeitig gibt es einen Teil in mir, der es kaum fassen kann, dass nach meiner Mama nun auch meine Oma nicht mehr in in dieser physischen Welt ist. Dieser möchte zurück spulen oder zumindest langsamer drehen. Noch einmal in die blaugrauen Augen blicken, die Hand in meiner spüren, die mich erst an Ostern noch so fest gedrückt haben, und ihre Stimme hören, mit der ich so schwäbisch gesprochen habe, wie mit sonst niemand.
Doch der Tod lässt sich nicht zurückdrehen und egal, wie alt ein Mensch ist, so hat er doch immer etwas Plötzliches.
Ich kenne die Natur von Trauer schon lange und weiß, dass es dabei um so viel mehr als den Verlust eines Menschen geht.
Trauer vermag es die Lebensthemen, verdrängten Gefühle und Sehnsüchte mit einer Wucht auf den Tisch zu legen, wie sonst kaum etwas.
Trauer leuchtet dorthin, wo die Verlorenheit und Einsamkeit liegen.
Trauer möchte nicht zerstören. Sie möchte dich und mich, in Schönheit, Wahrhaftigkeit wandeln und nach Hause führen.
Trauer mag keine Performance, kein “so tun als ob”.
Sie fordert mich auf, den so perfekt einstudierten Tanz aus all den Jahren, aufzugeben und das Tanzen neu zu lernen, auch dann, wenn ich die Schritte, den Rhythmus und die Musik dazu, noch nicht kenne.
Trauer stellt die Konturen des eigenen Lebens scharf.
Streicht das Überflüssige weg und macht das Wesentliche deutlich. Trauer macht demütig und fühlt sich so verdammt menschlich ist.
Trauer braucht Unterstützung, braucht Ohren, die zuhören, braucht Hände, die halten, braucht die Einladung mit allem da zu sein.
Gleichzeitig ist Trauer ein Prozess, der Alleinsein braucht und immer wieder den Mut, einen fühlenden Blick unter diese dicke innere Schutzschicht zu werfen.
Immer wieder zu wagen “Ich tue nicht als ob. Es ist egal, was ich tue und wie ich es tue, doch Hauptsache nicht als “ob”.”.
Du weißt schon: Keine Performance. Kein Lächeln, wenn darunter die Tränen liegen- und auch keine Tränen, wenn laut gelacht werden möchte.
Trauer braucht Hingabe und Präsenz, braucht Achtsamkeit und ein zartes Hinschauen.
Und manchmal da braucht sie auch Ablenkung, Serie gucken bis in die Nacht hinein, Schokolade essen, neue Projekte planen, von einer Reise träumen.
Ich verstehe immer mehr: Es geht nicht um das einfach Durchfühlen einer Emotion oder der Integration von Anteilen- all das gehört dazu. Doch mit Trauer umzugehen, was auch immer du verloren hast, was auch immer du schmerzlichst vermisst, welchen Grund auch immer das Loch in dir hat, ist ein Prozess. Es ist ein Wandlungsprozess. Ein Heilungsprozess. Eine Neugeburt.
Trauer sagt :
„Lass dich auf mich ein und ich mach dich schöner als du jemals zuvor warst. Wehre dich gegen mich und ich mache dich hässlicher.
Trauer sagt:
„Es ist hart. Es geht vorbei. Es ist okay. Du bist geliebt. Du bist am Leben.“
Klare Trauer kennt kein Wischiwaschi und schenkt mir Tag für Tag neue Qualitäten:
Das Wissen, dass ich nicht alleine bin. Dass in der irdischen und spirituellen Welt so viel mehr Unterstützung für mich ist, als es mir bewusst war.
Das warme Gefühl von Mitgefühl.
Der kraftvolle Strom der Schönheit und Heilkräfte meiner weiblichen Ahnenlinie, den ich so noch nie gespürt habe.
Ein neues Vertrauen in das Wirken der spirituellen Kräfte.
Das Erspüren des Stroms der Liebe unter all den Persönlichkeitsstrukturen.
Ich bin zutiefst dankbar für diese Seelenverbindung, die ich mit meiner Oma teilen durfte.
Wir sind uns begegnet als zwei stolze, dominante Frauen mit 60 Jahren Altersunterschied und konnten einander ordentlich auf den Geist gehen- und wir sind uns begegnet als weise alte Seelen, die sich schon lange kennen und verstehen.
Möge das Schöne ins uns weiterleben und mögest auch du dich berühren lassen von der Liebe in deinem Leben ♡.
Mögest du dich von der Gnade der Trauer berühren lassen.