"Mama, du fehlst."- Schichten des Abschieds nach einem Verlust
Eintrag vom 27. Dezember 2020
Heute ist der Geburtstag meiner Mama. Sie wäre heute 65 Jahre alt geworden, vor 14 Jahren ist sie gestorben.
Auf Seelenebene ist der Zeitpunkt immer der Richtige, auf menschlicher Ebene ist er es nicht. Es war zu früh.
Es war für mich zu früh, weil ich meine Mama mit 16 noch gebraucht hätte.Weil es zu früh war, um selbstständig zu werden, um erwachsen zu sein und ich nicht wusste, was ich mit diesem unfassbar traurigen und verzweifelten Kind in mir anfangen sollte.
Es war zu früh für uns, weil unsere Bindung so tief, innig und liebevoll war, dass es so schön gewesen wäre, sie noch länger zu leben. So schön und heilsam.
Und doch war es so. Es war ihr Schicksal so früh zu gehen, nach so langer Krankheit, nach so langer Zeit mit einem halben Fuß im Tod und doch am Leben hängend.
Es ist mein Schicksal, so viele viele Jahre mit der Angst des Verlusts, mit dem Geschmack der Krankheit in der Luft, mit der Wut, der Ohnmacht und dem Betteln zu Gott, er solle doch bitte meine Mama gesund machen, gelebt zu haben.
Ich habe früh viel getragen und war mir dessen bewusst und manchmal fühlt es sich an, als dürfe ich jetzt wieder jung werden. Als würde alles in mir nach Leichtigkeit, nach Freude, nach Genuss und Schönheit streben, weil es so lange so fern war., und ich genieße es so sehr, wie immer mehr davon in mein Leben fließt.
Es befriedet mich, der Gedanke, dass wir alle unser Schicksal haben. Es befriedet mich auch, zu wissen, dass ich das für meine Mama nicht mittragen muss.
Und gleichzeitig bin ich heute traurig.
Ich spüre Traurigkeit für das Kind, das ich war und dann für die 16-jährige, die ich war, die vor Verzweiflung fast umgekippt ist und doch so hervorragend funktioniert hat.
Ich bin traurig darum, weil sie mir auch heute als Frau fehlt und die innige Beziehung, die wir teilten.
Und spüre Trauer, um den Weg, den ich gehen musste. Die viele Verlorenheit, die hunderte Stunden von Therapie, von Energieheilung, Reflexion und das Wissen darum, dass ich das Lieben, das Vertrauen, das in-mir-sicher-sein so vollkommen neu lernen muss…
… und darf. Denn gleichzeitig hat mich auch dieses „Schicksal“, diese Erfahrung zu meiner Berufung geführt.
Hat mich dieser Weg gelehrt, was es heißt, Schritte zurück in das Innere Zuhause zu gehen, wie steinig das ist, wie schön und welch großartiger Boden, die Spiritualität dabei gibt.
Ich kenne die Tiefen von tiefstem Schmerz und ich kenne die Ekstase von höchster Freude und all das dazwischen. Ich gebe nichts weiter, was ich nicht zutiefst erfahren und verstanden habe. Das macht mein Tun so wahrhaftig und ich spüre wie mich das mit Stolz erfüllt.
Meine Mama war sehr stolz auf mich und ich habe mich so oft nach diesem Blick verzerrt und an den falschen Orten danach gesucht. Heute darf ich ihn mir selbst geben- so wie auch du.
Auch, wenn deine Mama noch lebt, so weiß ich, dass sich etwas in dir möglicherweise auch nach dem Gefühl von Liebe, von Geborgenheit, von Sicherheit, von gehalten-sein, von Anerkennung, von gesehen-sein verzerrt. Einfach, weil sie es dir nicht geben konnte, weil ihr die Ressourcen dafür fehlten, weil sie selbst so verletzt war.
Und heute morgen, beim Tanzen, kam diese Botschaft durch mich, und, wenn du magst, dann nimm all das für dich mit, was du gerade brauchst und lass es in dich einsinken:
„Ich möchte, dass Du glücklich bist.
Du bist eine wunderbare junge Frau.
Ich bin so unendlich stolz auf dich.
Du hast Zeit. Du musst gar nichts.
Du darfst deinen Weg gehen, so wie du ihn für dich gehen möchtest.
Meine Liebe für dich ist unermesslich groß.“
Damit beende ich diesen Text. Danke für deine Präsenz.
Von Herzen